Ich fliege immer weiter fort... (Kap. 11)

Ein Kind erzählt von seiner Angst vor dem ersten Schultag.

Vor meinem ersten Schultag habe ich richtig große Angst. Abends liege ich lange wach im Bett und kann nicht einschlafen. Ich schaue immer rüber zum Türspalt, hinter dem das Nachtlicht brennt. Mein Ranzen ist gepackt. Sogar die blöden Kleider liegen schon auf meinem Stuhl bereit. (Ich habe sie heimlich unter meinem Badetuch versteckt.) Immer wieder denke ich daran, wie ich den Lehrern und Kindern etwas von mir erzählen soll. Ständig ist mir schlecht und ich muss aufs Klo.

Papa hat mich gefragt, warum ich auf einmal so steif und verkrampft bin. Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es an den Beinen und Schultern, die mir ständig wehtun. Als ich das dann der Mama gesagt habe, meinte sie, das sind nur Wachstumsschmerzen. Gestern Abend habe ich es aber nicht mehr ausgehalten und bin ins Bad gegangen, wo der Medizinschrank steht. Ich habe mir Verbände rausgeholt und um beide Kniee und das Handgelenk gewickelt. Damit bin ich wieder ins Bett gegangen. Nachts sind die Binden an den Beinen runtergerutscht, nur die an der Hand war noch dran. Papa fragte mich morgens, ob ich mir denn da mitten in der Nacht so schlimm wehgetan habe und ob ich wirklich einen Verband brauche. Ich habe zuerst nichts gesagt und ihn nicht angeschaut. Aber dann habe ich mich getraut und ihn gefragt, ob ich damit wirklich noch zur Schule gehen muss. Und ob ich nicht doch lieber zu Hause bleiben kann. Er hat gelacht, mir kurz die Hand auf den Kopf gelegt und dann meinen Verband einfach abgemacht. Nein, nein, so fangen wir erst gar nicht an, hat er gemeint. Du wirst merken, Schule macht Spaß.

Autor: Titus David Hamdorf