Flaneur 2

Jul 4, 2024

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Flohmarkt

Zwei Mädchen im Alter von etwa zwölf Jahren hatten mich auf einer meiner Wanderungen durch die Nachbarschaft mit blauer Bodenkreide zu ihrem kleinen Flohmarkt hingelockt. Ich war der erste und einzige Kunde ihrer tapfer ausrangierten Spielsachen, Kinderkleider und Bilderbücher. Mich rührte der Eifer der beiden, alles schön auszubreiten, mir Kekse anzubieten und mit hübscher Schamesröte neben den Stapeln und Türmen der gerade erst verlassenen Kindheit auf Besucher zu warten. Leider hatte ich kein Geld dabei. Dafür müsse ich mich aufrichtig entschuldigen. Sie meinten fast erleichtert zu mir, dem älteren Herrn, das mache gar nichts, ich solle aber gern Reklame für sie machen.

Im Weggehen sah ich eine Gummiente aus einer dieser gelben Tonne gucken, in der man Plastiksachen, Kunststoffzeug und so weiter sammelt. An sich trennt der Berliner Bürger selten Müll. Er denkt sich fatalistisch: Wat denn, wat denkste wohl? Dit tut die BSR ooch bloß allet wieda uf een Haufn schmeißn! Was stimmen dürfte. Jedenfalls, das Schwimmtier tat mir leid, weil es mich so traurig anflehte, nimm mich doch bitte mit! Ich konnte mich kaum von ihm lösen.

Das meiste Spielzeug dieser beiden Mädchen war aus Plastik. Überall war Plastik. Polyurethane, Polyethylene, aufgelöst in Kleinstpartikel. In der Luft, in den Ozeanen und Flüssen, in der Nahrungskette. Nicht mehr wegzukriegen. Krebserregend in allen Organismen. In einer Zeitschrift über Meeresleben hatte ich gelesen, nur ganz bestimmte Bakterien könnten PET verdauen. Doch bräuchten sie zum Beispiel für eine einzige Flasche über fünfhundert Jahre. Ein Witz, das überhaupt für etwas Hoffnungsvolles zu halten! Es sei denn, Forscher würden im Zeitraffer eine genetisch und evolutionär Entwicklung einer bestimmten Population von Plastikfressern züchten. Bis dahin aber würden dann aber nicht einmal mehr die guten Würmer den kunststoffverseuchten Leichnam eines Menschen fressen wollen und in reine Erde zersetzen können.

Ich kehrte um, holte mir die Ente und setzte sie als Mahnung vor mich hin.